«Urban Gardening» in Pomasqui

Justine Keller
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Ich wurde bereits noch in der Schweiz von Pro Pomasqui dazu ermuntert, während meines Aufenhalts in Pomasqui ein eigenes Projekt umzusetzen. Vor Ort sprach mich Saskia, die Leiterin der Sozialarbeit der Stiftung SEMBRES, auch direkt darauf an - sie war als erfahrene Sozialarbeiterin zugleich meine Praxisausbildnerin. Sie schlug vor, ich könnte gemeinsam mit der Umweltingenieurin Maritza Chiluisa das Gartenprojekt des Vorjahres wiederholen. Bereits 2022 stellte Maritza zusammen mit dem damaligen Zivildienstleistenden Joel Bühler ein Gartenprojekt auf die Beine, welches auf der Idee einer weiteren Freiwilligen, Eugenie, beruhte.

Dieses Mal sollte das Gartenprojekt eine Erweiterung erfahren: Maritza wäre als Fachfrau für Umwelt und Natur verantwortlich für den eigentlichen Gartenteil und ich im Rahmen meines Praktikums der Sozialen Arbeit für den sozialen Teil. Da auch ich grosse Freude am Gärtnern habe, sagte ich gerne zu.

Aber von vorne: An einem Anlass Ende Februar 2023 stellten Maritza, Angelos und ich das Projekt vor und konnten direkt einige Familien dafür gewinnen. Angelos war ein weiterer Freiwilliger, welcher mit grosser Freude gärtnert und in der Stiftung SEMBRES bereits zu Beginn seines einjährigen Aufenthalts einen eigenen Permakulturgarten anlegte. So war es für alle Beteiligten ein Gewinn, dass auch er am Gartenprojekt mitwirken mochte. Bereits eine Woche später hatten wir unser erstes Treffen mit 10 Frauen, einem Mann und ein paar Kindern in der Stiftung, die motiviert waren, gemeinsam einen Gemüsegarten bei sich zuhause anzulegen.

Präsentation

Vorstellung der Projektidee

Mit viel Vorfreude stellten wir das Projekt und den Ablauf vor: insgesamt vier Treffen in der Stiftung innerhalb von fünf Monaten, um als Gruppe im gemeinsamen Prozess zu bleiben und zugleich Wissen zu vermitteln (zu anstehenden Schritten im Garten wie Erde vorbereiten, aussäen, ausgeizen, möglicher Schädlingsbefall, ernten…) und gemeinsam Antworten auf Fragen zu finden. Hierbei war uns besonders wichtig, die Unterstützung unter den Familien zu fördern, da viele der Teilnehmenden Vorwissen zum Gemüse anpflanzen mitbrachten und auch Samen und Setzlinge untereinander teilen konnten. Das funktionierte auch super und war schön anzusehen, wie hilfsbereit sich die meisten zeigten! Bei den Treffen in der Stiftung war es uns wichtig, nicht nur in der Theorie zu besprechen, sondern dass die Teilnehmenden das Gehörte direkt in der Praxis umsetzen konnten. Hierfür kam uns der der Garten von Angelos sehr gelegen. Gemeinsam gruben wir dort Erde um, zeigten Anzeichen von Schädlingen und wie welche Pflanze geerntet wird, damit sie, wenn möglich, weiterwächst, und teilten fleissig Setzlinge.

Zwischen den Treffen in der Stiftung besuchten wir die Familien zuhause, um das Gelernte gemeinsam in ihrem eigenen Garten umzusetzen. Aus sozialarbeiterischer Sicht war es mir auch wichtig, mit den Beteiligten ins Gespräch zu kommen und die ungezwungene Stimmung im Garten für einen Beziehungsaufbau zu nutzen. So konnten einige Frauen persönliche Anliegen teilen oder hatten auch einfach jemanden, der ihnen zuhörte, was in einem anderen Kontext schwieriger oder auch gar nicht möglich gewesen wäre.

Familie

Ein Projekt, bei dem (auch) die Kleinsten ganz gross sind!

Auch die immer grüner werdenden Gärten waren eine große Motivation, weiterhin dranzubleiben. Denn so hatten die Patenschaftsfamilien, bei denen sich bis zu drei Generationen mit viel Liebe am Pflegen des Gartens beteiligten, eine Freizeitbeschäftigung, die ihnen einen großen Mehrwert bot und bietet. Denn ein Ziel des Projektes war ein lang- bzw. längerfristiger Garten. Hierfür organisierte Maritza soweit möglich samenfeste Setzlinge und Samen, damit die Familien nach einmaliger Anschaffung keine weiteren finanziellen Investitionen tätigen müssen, um dennoch möglichst lange eine ertragsreiche Ernte zu erzielen. So zeigten wir ihnen zum Beispiel, wie sie die Samen einer Tomate trocknen können, dass sie den schönsten Salat in ihrem Garten am besten wachsen lassen, bis dieser blüht und anschliessend Samen produziert, aus denen dann wiederum eine neue Generation widerstandsfähiger Salate wachsen kann.

Das Beispiel des Gartens einer Frau berührte mich hierbei besonders: Sie erzählte uns im Laufe des Projekts, dass das Stück Land vor ihrem Haus schon lange brach läge, sie jedoch immer dachte, die Erde sei zu trocken und es würde dort deshalb nichts wachsen können. Nach kurzer Zeit konnte sie zusammen mit ihren Töchtern, die sie beim Gärtnern unterstützten, die ersten Salate, Radieschen und Rettiche ernten und strahlte bei jedem Treffen mehr. Gemeinsam konnten wir zeigen: Wer motiviert ist und nicht aufgibt, kann ganz viel erreichen! Eine Familie hatte keinen Platz für einen Garten, wollte aber trotzdem auch Gemüse anpflanzen. So ergab es sich, dass sie als Vorzeigefamilie Hochbeete auf ihrer Terrasse anlegte, was u.a. dank der humusreichen Erde, welche wir aus dem Kompost des MIRS-Umweltprojekts der Stiftung SEMBRES erhielten, super funktionierte.

Vorher nachher

Vorher-Nacher: Was mit viel Motivation trotz geringer Ressourcen möglich ist

Zum Abschluss des offiziellen Teils des Projekts kochten alle Beteiligten Ende Juni zusammen. Wir kochten mit Gemüse und Kräutern, die auch in den Gärten wachsen, um den Familien neue Zubereitungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Denn in Ecuador wird Gemüse fast ausschliesslich in Suppen oder als Salat zubereitet. Gemeinsam bereiteten wir u.a. Pesto aus Karottengrün, Basilikum und Petersilie zu, denn auch das Grüne der Karotte schmeckt gut und muss nicht entsorgt werden! Das war ein sehr schöner gemeinsamer Abend mit vielen strahlenden Gesichtern. Einen letzten Hausbesuch gab es anschliessend auch noch. Hierfür besorgten Angelos und ich mit der Unterstützung der Umweltingenieurin Maritza Limettenbäume, um jeder Familie ein Bäumchen zu schenken und ihn gemeinsam einzupflanzen. Die Botschaft dahinter: Der Garten wächst weiter und ihr mit ihm – der Grundstein ist gelegt, und wer motiviert ist, kann noch ganz viel mehr erreichen!